TV Schriesheim: Deutscher U15-Meister 2009!

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Geschrieben von: Jürgen Wetteroth Montag, den 08. Juni 2009 um 16:11 Uhr

Die Sensation ist perfekt: Als Außenseiter zur U15-DM nach Bonn (6./7.6.2009) angereist, kämpft sich der TV Schriesheim hochverdient ins Finale, krönt dort seine herausragende Leistung und wird zum neuen Deutschen U15-Meister!

TV Schriesheim: Deutscher U15-Meister 2009!

Im Team des Deutschen U15-Meisters 2009 spielten:

TV Schriesheim: Deutscher U15-Meister 2009!

- Hintere Reihe (von links nach rechts): Sebastian Erdmann (55), Marvin Uphoff (1), Thomas Gehrig (2), Florian Knopf (Co-Trainer), Jürgen Wetteroth (Trainer), Friedrich Hieronymus (19), Alexander Burmeister (20)
- Vordere Reihe (von links nach rechts): Patrick Arras (17), Vincent Schwab (16), Max Wallberg (15), Jannik Höfler (18)

Dabei war der Anfang schwer. - Am Samstag musste man in der Vorrunde in Gruppe B gegen die Dümptener Füchse, den UHC Elster und den MTV Mittelnkirchen ran.

Zunächst stand mit Dümpten der amtierende Westdeutsche Meister auf dem Programm. Beide Teams agierten in ihrem Auftakt-Match ziemlich nervös und spielten eher abwartend. Vor allem der Süddeutsche Meister aus Schriesheim konnte nicht an die im Saisonverlauf konstant gezeigte Spielstärke anknüpfen und ging mit einem 1:2-Rückstand in die Pause. Mitte der zweiten Halbzeit drehte Schriesheim das Spiel, indem es eine Überzahlsituation gekonnt ausnutzte und zum 2:2 ausglich. Dann konnte sich das von Jürgen Wetteroth und Florian Knopf gecoachte Team sogar auf zwischenzeitlich 4:2 absetzen, musste jedoch gegen Spielende zwei weitere Gegentreffer und damit den unnötigen 4:4-Ausgleich hinnehmen. So stand man nach Beendigung des ersten Spiels bloß mit einem statt der erhofften drei Punkte, die es für einen Sieg gegeben hätte, da.

Im zweiten Spiel gegen den Ost-Qualifikanten UHC Elster musste demzufolge ein Sieg her, stand im dritten Spiel des Tages gegen den Titelverteidiger vom MTV Mittelnkirchen doch noch der erwartungsgemäß schwerste Brocken bevor. - Nach dem verschlafenen Turnierauftakt war klar, dass man sich nun keine weiteren Patzer mehr erlauben konnte. Vor allem die Einstellung musste sich grundlegend ändern, und genau das geschah auch. Schriesheim besann sich auf die eigenen Stärken, nahm das Heft des Handelns in die Hand und startete einen furiosen Sturmlauf. Zwar geriet man anfangs mit 0:1 und 1:2 kurzzeitig in RÜckstand, doch glich man beide Male schnell aus. Vor allem das Tor zum 2:2 demonstrierte, dass hier nur eine Mannschaft als Sieger vom Feld gehen würde: Vincent Schwab spielte von hinter dem eigenen Tor einen langen hohen Pass auf seinen Sturmpartner Alex Burmeister, der den Aufsetzer mit der Rückhand (!) volley (!), aber regelgerecht, aus sieben Metern Entfernung ins rechte obere Eck hämmerte! Die Halle tobte, jetzt waren die Spieler des TVS wie elektrisiert. Angriff auf Angriff rollte nun über Elster hinweg, die sich dem Druck kaum mehr entziehen konnten. Bis zur Halbzeit zog man auf 5:3 davon, und nach der Pause ging es in diesem Stil weiter. Schriesheim stürmte und errang einen letztlich verdienten und nie ernsthaft gefährdeten 8:5-Sieg.

Elster, die schon gegen Mittelnkirchen klar verloren und keine Punkte erobert hatten, waren damit aus dem Rennen um die beiden ersten Gruppenplätze, die die Qualifikation fürs Halbfinale am Sonntag bedeuteten. Aber Dümpten, das gegen den haushohen Favoriten aus Mittelnkirchen überraschend nur mit einem Tor Rückstand verloren hatte - wobei sogar durchaus noch mehr drin gewesen wäre -, konnte dem TVS noch gefährlich werden. Für den Fall einer Schriesheimer Niederlage gegen Mittelnkirchen und eines Dümptener Sieges gegen Elster hätten beide Teams jeweils 4 Punkte auf dem Konto gehabt, und dann hätte die Tordifferenz entschieden, bei der Dümpten klar im Vorteil war.

Doch zunächst musste Dümpten erst mal gegen Elster gewinnen, die ihrerseits durch einen Sieg über den Westdeutschen Meister immerhin noch die Chance hatten, dem Spiel um die "Goldene Ananas" zu entrinnen und anstelle dessen ins Spiel um Platz 5 einzuziehen. - Es entwickelte sich eine spannende Partie, in deren Verlauf Elster von den Schriesheimern, aber auch vom zweiten Ost-Team, dem UHC Döbeln, frenetisch angefeuert wurden. Lange lagen sie in Führung und konnten am Ende ein Unentschieden retten, was Elster zwar nicht für den Einzug ins Spiel um Platz 5 reichte, aber dafür Schriesheim den zweiten Halbfinalplatz der Gruppe B nach den bis dahin ungeschlagenen Mittelkirchenern sicherte.

So wurde das abschließende Gruppenspiel zwischen Mittelnkirchen und Schriesheim zu einem Muster ohne Wert, waren beide Teams doch ohnehin schon fürs Halbfinale qualifiziert. Allenfalls die Platzierung beider Mannschaften hätte sich noch durch einen Schriesheimer Sieg verändern können. Es entwickelte sich demzufolge eine eher ruhig geführte Partie, in deren Verlauf Schriesheim durchaus seine Möglichkeiten hatte, diese aber nicht nutzte, so dass der Deutsche Meister von 2008 aufgrund der besseren Chancenverwertung bis zum Ende der ersten Halbzeit auf 4:0 davonziehen konnte. In der zweiten Halbzeit konnte Mittelnkirchen seinen Vorsprung auf 6:0 vergrößeren, ehe Schriesheim gegen Ende der Partie besser in dieselbe fand und schließlich noch auf 3:7 verkürzen konnte.

Am Sonntag musste man nun also gleich im ersten Spiel bzw. Halbfinale des Tages um 9:00 Uhr gegen den Gruppensieger der Gruppe A ran, den Nordwestdeutschen Meister 2009 und Deutschen Vizemeister 2008, den ETV Hamburg. - Schriesheim, das bereits am Samstag im Spiel gegen Elster auftrumpfen hatte können, legte nochmal eine Schippe drauf und spielte so leidenschaftlich und so gut wie noch nie zuvor. Von Beginn an setzte das Team von Jürgen Wetteroth den ETV unter Druck, berannte das Hamburger Tor und baute bis zum Ende der ersten Halbzeit eine klare Führung von 7:4 auf. Im zweiten Spielabschnitt versuchten die Hamburger zwar noch einmal, das Spiel zu drehen, aber die Schriesheimer Jungs warfen sich mit allem, was sie hatten, in die Schüsse der Gegner, die schier an der Defense des TVS und einem darüber hinaus überragend haltenden Torhüter Thomas Gehrig verzweifelten. Die Stimmung in der Halle war auf dem Höhepunkt: In der Zwischenzeit waren nicht nur die Fans des UHC Döbeln (die mit einem ganzen Bus voller Fans mit lautstarken Trommeln angereist waren) auf der Seite der Schriesheimer, sondern praktisch jeder vormals neutrale Fan. Jeder geblockte Schuss, jede Parade wurde mit einem lauten "Ole!" des Publikums gewürdigt, begleitet von einer unglaublichen Geräuschkulisse aus Trommeln, Tröten, Ratschen und Klatschern, die immer intensiver und psychedelischer ertönten, so dass sich der TVS in einen wahren Rausch hineinspielte. Hamburg verlor zusehends das Selbstvertrauen gegen aufoperungsvoll kämpfende Schriesheimer und konnte in diesem Spielabschnitt, trotz dutzender Schussversuche, keinen einzigen weiteren Treffer setzen. Schriesheim dagegen erzielte in den letzten drei Spielminuten zwei weitere Treffer und zog zum hochverdienten 9:4-Endstand davon, an dem auch eine kuriose Zeitstrafe (2 Minuten, weil beim Torjubel in der vorletzten Minute alle Spieler aufs Feld liefen), nichts mehr ändern konnte.

So traf man im letzten Spiel des Tages, dem Finale um die Deutsche Meisterschaft, erneut auf den MTV Mittelnkirchen, der sich im zweiten Halbfinale mit 5:3 gegen die zweite Überraschungsmannschaft des Turniers, die Gastgeber aus Bonn, hatte durchsetzen können. - Vor Spielbeginn hatte Jürgen Wetteroth seine Schriesheimer Jungs auf das bevorstehende Finale eingestellt und ihnen eingebleut, dass immer nur die nächste Situation zähle, der nächste Zweikampf, der nächste Block, der nächste Pass, der nächste Schuss, unabhängig vom aktuellen Ergebnis oder der noch verbleibenden Spielzeit. So ließ man sich auch nicht verunsichern, als Mittelnkirchen besser begann und seine Chancen verwertete, während dem Team von der Bergstraße dies seinerseits nicht so gelang. Bis zur Pause zog der Deutsche Meister von 2008 auf 6:3 davon. Doch Schriesheim ließ sich davon nicht beeindrucken. In der Halbzeitpause ging man in die Kabine, um sich ein letztes Mal für die letzten 15 regulären Minuten des Turniers einzuschwören. Die Worte des Trainerteams zeigten Wirkung: Schon die allererste Aktion im zweiten Spielabschnitts signalisierte, dass Schriesheim sich noch lange nicht aufgegeben hatte und alles daran setzen würde, das Spielfeld als Sieger und Meister zu verlassen: Vincent Schwab tritt zum Bully an, gewinnt es, zieht zwei Schritte nach links und hämmert den Ball in einem fulminaten Schuss in den rechten oberen Torwinkel! - Jetzt stand die Halle Kopf. Keine Minute später folgte der Anschlusstreffer zum 5:6. Nun wackelte Mittelnkirchen, und in der Tat, kurz darauf glich Schriesheim aus. Nun bebte der Boden. Als man dann sogar mit einem, gar zwei Toren in Führung ging, war das Spiel endgültig gekippt. Bis zur Mitte der zweiten Halbzeit hatte man aus einem Drei-Tore-Rückstand einen Zwei-Tore-Vorsprung gemacht und war nun in einer ähnlichen Situation wie noch im Halbfinale zuvor gegen Hamburg. Mittelnkirchen, der haushohe Favorit, wankte und kam nun seinerseits unter Zugzwang. Zwar gelang der Mannschaft von Bernd Hofmann noch vier Tore, doch den Ausgleich erzielte man nicht mehr. Ihr übriges taten die Fans dazu, die als "fünfter Mann" die erneut über sich hinauswachsenden Schriesheimer immer weiter aufpeitschten und für eine Stimmung sorgten, die die des Halbfinales sogar noch toppte. Hinzu kam, dass erneut Thomas Gehrig als zweiter Torhüter nach Marvin Uphoff in der zweiten Halbzeit zwischen die Pfosten des TVS-Tores kam und eine sensationelle Leistung ablieferte. Er wehrte die Schüsse des DM-Topscorers Jonas Hofmann, aber auch die der anderen MTV-Akteure, ein ums andere Mal ab und trieb den Gegner damit zur Verzweiflung. Als schließlich am Ende der Partie die Fans bereits herunterzählten (10, 9, 8) und Schriesheim bei einer 11:10-Führung durch Sebastian Erdmann ein letztes Mal den Ball eroberte (7, 6), der diesen weit aus der Gefahrenzone ins gegnerische Drittel drosch (5, 4), wo diesen sicherlich kein Spieler mehr in den verbleibenden drei Sekunden holen, geschweige denn auch nur annäherungsweise in die Nähe des TVS-Tores hätte bringen können, da zeigte sich ein letztes Mal der Schlüssel für diesen Erfolg: Statt schon vor dem Schlusspfiff die Arme hochzureißen und zu jubeln, denn nun war es sicher, rannten zwei Schriesheimer wie im Rausch zu dem weit entfernten Ball, um diesen zu sichern. Erst der Schlusspfiff brachte die Gewissheit, dass nun endlich die Sensation geschafft war, und die Anspannung löste sich in einem Torjubel, wie er schöner und intensiver nicht hätte sein können. Es war geschafft: Schriesheim war Deutscher Meister!